Grundlage der Vernetzungs- und Lobbyarbeit des Netzwerks ist die Beobachtung, dass Lyrik seit den 1980er Jahren von den bestehenden literarischen Orten, Akteur:innen und Förderprogrammen nicht mehr in einem ausreichenden Maße berücksichtigt worden ist, obschon sie weiterhin als Teil dieser Kunstrichtung gesehen wurde. Seit dieser Zeit ist eine zunehmende Ausdifferenzierung und Entkopplung dieser Gattung zur eigenständigen, vermehrt multilingual, intermedial und performativ verfahrenden Kunstform zu erkennen, die sich in verschiedenen Formen der Selbstorganisation ihre eigenen Orte, Akteur:innen und Finanzierungsmodelle geschaffen hat.
Nach vorbereitenden Treffen in Berlin (2015), Göttingen (2016), Caputh (2017) und Darmstadt (2017) gründete sich am 5. Februar 2018 im Haus für Poesie in Berlin der bundesweit agierende Verein Netzwerk Lyrik e.V. Eine erste Mitgliederversammlung fand, verbunden mit einer von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderten Tagung, vom 2. bis 4. November 2018 in Kassel statt.
Dem vorbereitenden, ebenfalls vom BKM geförderten Treffen in Caputh lag eine Studie zur Einkommenssituation von Dichter:innen in Deutschland zugrunde. Die Versammlung beschloss, dass das Netzwerk Lyrik gegründet werden sollte, sowie einen „Aufgaben- und Forderungskatalog zur Stärkung der Lyrik“. Bei der Tagung in Kassel wurden drei Positionspapiere zu den Themen „Lyrik und Medialität“, „Lyrik an Schulen und Hochschulen“ sowie „Schulische und außerschulische poetische Bildung“ verabschiedet.
Während mehrerer Tagungen und Konferenzen wurden in den vergangenen vier Jahren Berührungspunkte und Schnittmengen zwischen den Gewerken der Lyrik ausgemacht, gemeinsame Positionen und Allianzen erarbeitet sowie Wünsche und Bedarfe aneinander formuliert. Gleichzeitig wurden interdisziplinär inhaltliche und wissenschaftliche Aspekte erörtert, technische Fragen, Aufgaben der Qualitätssicherung sowie rechtliche und wirtschaftliche Aspekte ausgelotet und miteinander verhandelt. Es wurden Leitfäden und Handreichungen für die Arbeit an und mit Lyrik entwickelt und Forderungskataloge aufgestellt, die hier eingesehen und heruntergeladen werden können.